Gemeinde Kosel

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Anwohner im Gallbergring stellen grundsätzliche Rechtmäßigkeit der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen in Frage

Die Kanalisation im Gallbergring ist kaputt, an einer Erneuerung geht wohl kein Weg vorbei - das sehen die rund 30 Anlieger noch ein. Aber sie sehen nicht ein, dass sie über die in Kosel beschlossene Straßenausbaubeitragssatzung an den Kosten der Straßendeckenerneuerung beteiligt werden sollen. Nach Erkenntnissen der EZ könnten je nach Grundstücksgröße schätzungsweise Kosten von 5000 bis über 10 000 Euro auf die Anlieger zukommen. Bei einer nicht-öffentlichen Informationsveranstaltung des Amtes Schlei-Ostsee war den Anliegern das weitere Vorgehen vorgestellt worden. Die Aufträge zur Kanalerneuerung und zum Neuaufbau des Straßenkörpers sind vergeben, die Arbeiten sollen am 22. Juli beginnen, bestätigte Bürgermeister Hartmut Keinberger auf Nachfrage der EZ.

Kritik an dem Ausbau und an der grundsätzlichen Rechtmäßigkeit der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen brachten die Anlieger Michael Kruse, Andreas Flaig und Tanja Hollmann stellvertretend für einige weitere Anlieger gegenüber der EZ vor. Einerseits fragen sie, wieso die Gemeinde Kosel nicht viel früher die als sanierungsbedürftig eingestufte Kanalisation repariert hat? 2008 beispielsweise gab es noch keine Pflicht zur Erhebung von Straßenausbeiträgen durch die Gemeinde, stellt Kruse fest. Es sei verschleppt worden, nicht böswillig, aber es sei Zeit verloren gegangen, so Flaig. "Viele Anlieger sind hilflos und überrascht, und es gibt Härtefälle", ergänzt Hollmann. Zahlreiche Anwohner gingen davon aus, dass keine Kosten auf sie zukämen. Und sie seien nicht einbezogen worden, kritisiert die Anwohnerin weiter.

Dazu stellt Bürgermeister Keinberger fest, dass die Gemeindevertretung das Thema im September 2008 in Angriff genommen hat. Am 28. Mai 2009 erfolgte der erste Beschluss zur Sanierung, Baubeginn war Anfang 2010. Noch vor Jahresfrist 2009 erließ das Innenministerium dann die Pflicht für die Gemeinden, die Anlieger über Straßenausbaubeiträge zu beteiligen, so Keinberger. In einer Einwohnerversammlung im Mai 2010 wurden die Bürger über diese Neuerung informiert. Da noch keine Rechtssicherheit für eine Satzung bestand, wurde der Ausbau mit Gemeinderatsbeschluss vom 1. Dezember 2010 zurückgestellt.

Seit Juni 2011 befasste sich der Landtag in Kiel mit der Ausbaubeitragssatzung. Noch vor Ende der Legislaturperiode der Landesregierung von CDU und FDP beschloss der Landtag im März 2012 schließlich, dass es keine Rechtspflicht zur Erhebung der Straßenausbaubeiträge gibt, stellt Keinberger fest. Im Mai 2012 beschloss die Gemeindevertretung daraufhin in einer Straßenausbaubeitragssatzung auf Straßenausbaubeiträge zu verzichten und die Sanierung des Gallbergrings wieder anzupacken. Im August 2012 wird die Sanierung erneut beschlossen, ebenso die Mittelbereitstellung für das Haushaltsjahr 2013. Doch diese Phase währte nur bis Dezember 2012, als die neue Regierung von SPD, Grüne und SSW die Wahlfreiheit wieder aufhob und die finanzielle Beteiligung der Anlieger in der Neufassung des Kommunalabgabengesetzes (KAG) vorschrieb.

Folgerichtig musste Kosel eine Straßenausbaubeitragsatzung erlassen, was im Februar 2013 erfolgte, wie Keinberger berichtet. "Über alle Punkte wurde immer öffentlich beraten und informiert", stellt der Bürgermeister fest. Jeder Bürger hatte die Möglichkeit, sich zu informieren. Er könne die Unzufriedenheit der Anlieger verstehen. Den Vorwurf an die Gemeinde, das Vorhaben verschleppt zu haben, könne er aber nicht nachvollziehen. Dass Bürger unzufrieden seien, dass viele andere Gemeindestraßen früher ohne Beteiligung der Anlieger erneuert wurden, sei hingegen verständlich.

Das Verfahren sei aufgrund der mehrfachen Umplanungen und der großen Anzahl von Anliegern sehr umfangreich gewesen, was Zeit gekostet habe, ergänzt Amtsdirektor Gunnar Bock vom Amt Schlei-Ostsee. "Das Amt ist das letzte Glied in der Kette und muss das umsetzten, was die Landesregierung beschließt", stellt er auf Nachfrage der EZ fest. Das Amt bemühe sich nach Kräften den Rahmen des Möglichen auszunutzen, um die Bürger möglichst wenig zu belasten. Der Beitrag könne auf zehn Jahresraten verteilt werden. Aber die rechtlichen Vorgaben des Landes seien die Grundlage. Der Klageweg stehe jedem Anlieger gegen den Kostenbescheid offen, erklärt Bock. Die Bescheide, in denen auch erst die tatsächlichen Kosten nach der Abschlussrechnung stehen, werden vermutlich im Frühjahr 2014 verschickt.

So weit sei das wohl richtig, räumen die drei Anlieger ein. Ihnen gehe es vor allem auch um die grundsätzliche Infragestellung der Berechtigung zur Kostenbeteiligung der Bürger und die Auswahl der Bemessungsgrundlagen. "Das ist nicht gerecht", macht Flaig deutlich. Die Beiträge nach der Grundstücksgröße zu berechnen, werde mit den besonderen Vorteilen eines größeren Grundstücks begründet, erklärt er. "Was aber sind denn diese besonderen Vorteile?"

Bock erklärt, dass vor Gerichten die Bemessung der Beiträge nach Bewohnern oder nach Wohnfläche von Grundstücken als rechtswidrig bewertet werde. Am gerechtesten sei es, den einmaligen Beitrag auf die Grundstücksgröße zu beziehen. Je größer ein Grundstück, desto größer könnten auch die potenziellen Vorteile (Nutzung) sein, beispielsweise wenn auf dem Grundstück Platz für ein zweites Haus sei.

Aus Sicht der Anlieger sei es viel mehr Wert, das Geld statt in die Straße in ihre Häuser zu investieren, "das ist ein Mehrwert und Vorteil", sagt Tanja Hollmann. Michael Kruse und Andreas Flaig würden es begrüßen, wenn öffentlich genutzte Straßen auch gemeinschaftlich finanziert würden, das wäre gerecht. Sie werden sich alle Optionen offen halten und informieren sich auch über Möglichkeiten einer Petition.

Kontakt über kruse977@hotmail.com
 

Wolfgang Dreesen
Letzte Aktualisierung: 27.06.2013

Quellenangabe und Copyright:
27.06.2013 | Dirk Steinmetz | Eckernförder Zeitung, shz.de