Gemeinde Kosel

Teilen:

Alle saßen plötzlich versammelt beieinander

Miss Marple, die neben Winnetou und Old Shatterhand Platz genommen hatte, wirkte schrullig-betulich wie eh und je und Wickie, der kleine Wikinger mit den feuerroten Haaren, wollte unbedingt neben dem rosaroten Panther in der ersten Reihe sitzen. Die Filmstars der 60er-Jahre aus Hollywood und Europa gaben sich am Sonntagabend im Koseler Hof ein Stelldichein – zumindest musikalisch.

Das Original Schleiblasorchester unter der Leitung von Tobias Mager hatte in seiner jüngsten Probenphase, die in drei Konzerten mündete, jene Filmmusik einstudiert, die Winnetou und Co. seinerzeit bis heute unsterblich machten. Doch bevor Mager das Publikum beim Abschlusskonzerts samt seiner 32-köpfigen Band mit in die Welt der Filmmusik nahm, ließ er es sich nicht nehmen, die musikalischen Wurzeln traditioneller Blasorchester in der Militärkultur der „k. und k. Monarchie Österreich-Ungarns“ freizulegen.

Da blieb kein Finger lange unbewegt auf den Tischen des dichtbesetzten Festsaals liegen. Taktsicher wurde getrommelt oder sogar leise mitsingend im bewegten Zweivierteltakt geschunkelt. So manch einer der Zuhörer hätte wohl auch – wäre Platz gewesen – getanzt, wie in alten Zeiten, als Tobias Mager Ernst Mosch’ „Löffelpolka“ oder Alberst Parlows „Amboss-Polka“ anstimmte. Der Höhepunkt der ersten Konzerthälfte war neben vielen Märschen und Polkas der „Zirkus Renz-Galopp“ aus der Feder von Gustav Peter. Virtuose Solistin auf dem Marimbaphon war Maren Engel, die außerdem auch als erste Flötistin in der Kapelle spielt.

Mager, der das Orchester seit 2015 als Dirigent leitet und für die Programmzusammenstellung zuständig ist, gab an, dass die Interpretation von volkstümlicher Musik dem Orchester leichter falle, als die Filmmusik. Insbesondere bei dem Score zum US-amerikanischen Monumentalfilm „Exodus“ von 1960 wurde es in der Probenphase deutlich, dass eine Leistungsgrenze des Laienorchesters mit breitem Altersspektrum – die jüngste Musikerin ist elf Jahre alt, der älteste Musiker zählt 80 Jahre – erreicht sei.

„Wir proben einmal wöchentlich am Donnerstag“, lädt Mager Interessierte ein. Für Stück-Vorschläge sei der hauptberufliche Tenorhornist des Marinemusikkorps Ostsee Kiel immer offen. „Es muss ja auch für jeden Geschmack etwas dabei sein“, kommentierte Mager seine diesjährige Auswahl. Und damit hat er offensichtlich Recht.

Die jungen Mitspieler konnten sichtlich etwas mit der Titelmusik zur Zeichentrickserie „Wickie und die starken Männer“ von 1974 etwas anfangen. Mit Spielfreude waren sie dabei, auch wenn nicht jeder hohe Ton in den Klarinetten saß und die Stimmung in den Blechbläsern tendenziell eher schwebte. Elegisch wurde es, als sich musikalisch der Saal zur Prärie öffnete und Winnetou mit seinem Freund Old Shatterhand durch die Titelmusik zur Filmreihe vor dem inneren Auge des Publikums in Eintracht vorbei ritt.

Der musikalische Ritt durch die Zeit-, Film- und Fernsehgeschichte fand großen Anklang beim Publikum. Mit stehenden Ovationen bedankte es sich für den kurzweiligen Musikabend, der nach dem „Tabaluga-Musical“ Titelsong „Ich wollte nie erwachsen sein“ von Peter Maffay als Zugabe ausklang. Ein Wiedersehen in dieser Konzertbesetzung gibt es erst wieder zum traditionellen Adventskonzert in diesen Jahr.

jlu
Wolfgang Dreesen
Letzte Aktualisierung: 05.04.2017

Quellenangabe und Copyright:
04.04.2017 | jlu | Eckernförder Zeitung, shz.de