Gemeinde Kosel

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Ackerführung in Schoolbek: Biologin Katrin Romahn zeigte selten gewordene Wildkräuter

Kennen Sie Lämmersalat? Winzig, gezackte Blättchen wie Löwenzahn, sattgelb die Blüte. Die ist jetzt schon eine Pusteblume, klein wie ein Kinderfingernagel. Lämmersalat ist eine Rarität, die Biologen in Freudentaumel versetzt. Doch auf dem Land von Biobäuerin Susanne von Redecker in Schoolbek sprießt das botanische Kleinod aus dem sandigen Boden, als gäbe es kein Artensterben.

Katrin Romahns Augen leuchten, als sie sich in sengender Sonne auf die Erde beugt. Schade sagt die promovierte Biologin, er ist schon verblüht, unser Lämmersalat. Aber hier, das ist das kahle Ferkelkraut, sehr trockenheitsresistent. Und vom Aussterben bedroht - normalerweise.


Ackerführung auf dem Biohof Schoolbek in Kosel. Genau genommen bekommt das Grüppchen, das sich an diesem heißen Sonnabend auf dem Redecker-Hof eingefunden hat, Brachland zu sehen. Ein Jahr bleibt die Fläche unbewirtschaftet. Dann ackern wir wieder, natürlich ohne Chemie. Auch biologischer Dünger wird nicht eingesetzt. Selbst auf das Striegeln, ein Auskämmen, von Wildkräutern verzichten wir , sagt die Landwirtin.

Vor einem Jahr wurde Redeckers Pachtland in das Programm 100 ßcker für den Artenschutz als bundesweit erster Hof aufgenommen. Seit ein paar Tagen ist ein zweiter schleswig-holsteinischer Betrieb, im Lauenburgischen, mit von der Partie. Auf geeigneten Biohöfen soll die Ackerkräutervielfalt erhalten und gefördert werden, damit sich fast ausgestorbene Spezies wieder fortpflanzen. Katrin Romahn, die die Datenbank der AG Geobotanik Schleswig-Holstein und Hamburg leitet, hatte auf Redeckers ßckern die heute seltenen Kräutlein entdeckt. Früher gehörten diese Pflanzen zum Bild unserer landwirtschaftlichen Kulturlandschaft , sagt sie. Denn früher wurde ohne chemische Keule gewirtschaftet. Die Flächen wurden jedes zweite Jahr genutzt, damit der Boden sich wieder erholt. So entstand eine spezifische Ackerwildkrautkultur, die an den Rhythmus von natürlicher Bewirtschaftung und Brache gebunden ist.

Ehrfürchtig bleiben die Gäste stehen. Man wagt kaum, irgendwo hinzutreten , sagt Christa Hoppe, die mit ihrem Mann Jürgen an der Führung teilnimmt. Die beiden sind schon lange Biohofkunden. Was sie heute erfahren, ist extrem spannend .

Sie dürfen ganz normal auftreten , beruhigt die Biologin. Alle Samen, die herunterfallen, gehen in die Wintersamenbank und kommen nächstes Jahr wieder.

Dass die kleinen gelben Korbblütler, dass violette Sandglöckchen, der Ackerziest, das winzige Ackerlöwenmäulchen in Schoolbek gedeihen, liegt auch an den Bodenverhältnissen. Sand und Trockenheit ließen hier schon viele Bauern aufgeben. Auch Susanne von Redecker wird nicht reich. Aber die Vielfalt von Flora und Fauna sowie die Produktion gesunder Lebensmittel sind mir wichtiger , bekennt sie. Und ich hoffe immer noch, dass in Agrarwirtschaft und Preispolitik eine Umkehr

Wolfgang Dreesen
Letzte Aktualisierung: 20.07.2010

Quellenangabe und Copyright:
19.07.2010 | Kieler Nachrichten