Gemeinde Kosel

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Historische Wanderung durch Kosel lockte über 40 Besucher an / Kurioses aus Kosels Geschichte

Geschichte auf Tritt und Schritt: Mehr als 40 Teilnehmer machten sich kürzlich auf zur historischen Wanderung durch Kosel. Ihr Ziel: Wissen über Kosel erweitern und hören, welch wissenswerte Details und Anekdoten ihnen die vier ausgemachten Heimatforscher zu berichten hatten. Heinz Bannick, Bernd Jacobsen, Bürgermeister Heinz Zimmermann-Stock und Annegret Meeves führten die Gruppe durch das Dorf.

Was folgte, war ein Feuerwerk an Fakten, ein Füllhorn lustiger Geschichten und hochinteressanter Geschichte. Der Koseler Landwirt Heinz Bannick faszinierte von der ersten Sekunde mit seinem humorigen und fundierten Rückblick auf das ländliche Leben rund um den Asmussenplatz. Angefangen bei einem mittelalterlichen Brunnen (wir berichteten) erfuhren die Besucher, dass eine halbe Hufe Land fünfundzwanzig Hektar entsprechen, dass die Männer der Familie Lassen immer Heinrich und Klaus getauft wurden, dass der herrliche Reetdachhof der Lassens in der Ortsmitte 1948 abbrannte, als Handwerker alte Farbe an der Tür mit einer Lötlampe ablösen wollten und dem Reet zu nahe kamen und wo der Dorfladen gewesen sei.

Ein netter Mensch sei Bauer Lassen gewesen. Als Vorstand der Meierei habe er, wenn jemand klamm war, auch mal Geld bis zum nächsten Zahltag ausgelegt. Und dass er eine Freundin gehabt hätte, die er regelmäßig reich beschenkte - "er war ein guter Mensch...", griente Bannick. Er wies auf bautypische Besonderheiten der ortsüblichen Ständerbauten hin - früher habe man sie aus Fachwerk mit Flechtwerk und Lehmputz errichtet, später hätten die Bewohner die Wände zum Brandschutz mit Ziegeln neu verfüllt. Heute böten diese historischen Höfe mit dem ins Gebäude integrierten Stall leider keine Existenzgrundlage mehr. "Wo sollen da 120 Kühe stehen?, fragte Bannick.

Bannick erwähnte eine Wassermühle, die um 1628 im 30-jährigen Krieg zum Opfer gefallen sein muss und stellte Mutmaßungen über ihren Standort, westlich des Dorfkernes an. Und er beschrieb, was ein Augenzeuge über den Brand im Rauchhaus des Dorfes erinnerte: "Die Schinken sollen regelrecht explodiert sein und flogen durch die Gegend."

Heinz Zimmermann-Stock führte die Gruppe im Anschluss zum leer stehenden, sanierungsbedürftigen Pastorat, berichtete über das Leben der Pastoren, die jeweils eine halbe Hufe Land zur eigenen Ernährung zugewiesen bekamen und die die Witwen ihres Vorgängers heiraten mussten. Damit erntete er gespielte Empörung und Getuschel unter den weiblichen Zuhörern. Auf dem Friedhof erfuhr man von einem "liederlichen Menschen", der allerlei ausgefressen hatte und dann noch eine Witwe schwängerte, was ihm ein Begräbnis ohne Kopf einbrachte.

Bernd Jacobsen konnte hochaktuell und durch detektivischen Spürsinn angetrieben mit Erkenntnissen zu einer Familie Dohrmann aufwarten: Jacob Wilhelm Dohrmann und Frau Juliane, Jüdin, lebten im 19. Jahrhundert unverheiratet zusammen und zogen damit den Unwillen der Gemeinde auf sich - man wollte sie loswerden. Nun war er aber Arzt, sie Hebamme - sie wurden im Dorf gebraucht. Also unterrichtete man Juliane im christlichen Glauben, sorgte dafür, dass sie konvertierte, ihre wilde Ehe beendete und Jacob Wilhelm heiratete. Mitte des 19. Jahrhunderts ging der einzige Sohn mit 16 Jahren in die USA, vergaß aber seinen Geburtsort nie und schickte regelmäßig Spenden aus den USA in die alte Heimat, unter anderem die damals ungeheure Summe von 1200 Mark für das Witwenhaus. 1912 reiste er persönlich an, feierte ein großes Wiedersehen, lud seine ehemaligen Mitkonfirmanden in den Koseler Hof ein und schenkte jedem Hausvater einen Becher mit der Aufschrift "San Francisco." "Diese Becher muss es doch noch irgendwo geben", spekulierte Jacobsen. "Noch aber haben wir keinen gefunden." 

Gabriele Rüter lebte 30 Jahre in Potsdam und wohnt seit 2011 mit ihrem Mann in einem Haus in Bohnert. "Ich hab über den Spaziergang in der Zeitung gelesen und wollte ein bisschen mehr Bescheid wissen. Ich erfahre eine Menge über unsere neue Heimat." So viel, dass es Tage dauern würde, all das wiederzugeben, was die vier faszinierenden Erzähler über ihre Gemeinde und ihre Historie lebendig schilderten.

Wolfgang Dreesen
Letzte Aktualisierung: 09.03.2013

Quellenangabe und Copyright:
12.09.2012 | Carola Flügel | Eckernförder Zeitung, shz.de