Gemeinde Kosel

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Peter und Jeanette Biermann begeistern die Zuschauer mit ihren Drehorgeln.

Kosel | Drehorgeln – im Volksmund auch Leierkästen genannt – kennt wohl jeder, und wie oft ist schon ein Leierkastenmann mit Zylinder auch bei besonderen Gelegenheiten aufgetreten.Eine ganz besondere Gelegenheit ergab sich, als das Ehepaar Jeanette und Peter Biermann am Sonntagabend in der Koseler St. Laurentius-Kirche mit einem Drehorgelkonzert überraschte. Da stand im Altarraum beileibe nicht nur eine Drehorgel: Die „Biermänner“ – wie sie sich scherzhaft selber nennen – hatten gleich sieben Drehorgeln aus ihrer Heimatstadt Schönwald im Schwarzwald mitgebracht. Große und kleine, alte und ältere Prachtexemplare, auf Hochglanz poliert mit allen Metall - und blanken Holzteilen.

Manche dieser Orgeln waren solo zu spielen, andere spielten die beiden leidenschaftlich begeisterten Drehorgler gemeinsam, synchron. Das synchrone Drehorgelspiel ist das Markenzeichen des Paares und stellt an seine Musikalität, sein Taktgefühl, sein Gehör besondere Ansprüche – schließlich gibt es keine Noten.
Beide stiegen in das abwechslungsreiche Konzertprogramm auch mit einem solchen Synchron-Spiel ein: Mit zwei klanggewaltigen Orgeln ertönte der Choral „Welch ein Freund ist unser Jesus“. Eine Bruns-Trompetenorgel und eine Hofbauer-Klarinetten-Orgel ließen alle Zuschauer im vollbesetzten Kirchenschiff nur so staunen. So viel Klang, eine solche unvermutete Tonvielfalt, das überraschte. Nicht nur, dass beide Orgelspieler absolut synchron die Schwengel drehten, alles mit allen Pausen und „Ritardandos“ exakt klappte, man erfuhr obendrein, dass diese zwei Orgeln zusammen lediglich rund 200 Pfeifen tönen lassen. „Die größte vergleichbare Orgel in Passau hat dagegen 17  974 Pfeifen“, ergänzte Peter Biermann strahlend. Da waren alle vermutlich sehr beeindruckt.

Der Mozart’sche Kanon „Dona nobis pacem“ kam ebenfalls synchron – mit einer Harmonipan-Konzertorgel und einer Klarinettenorgel, zusammen mit 51 Tonstufen. Das Verblüffende: Beide spielten diese gemeinhin bekannte Melodie auch als Kanon. Nach Schuberts „Ave Maria“ auf der Walzenorgel folgte Händels Feuerwerksmusik – da wurden Augen und Ohren immer größer, und man hielt es kaum für möglich, was da in riesigen Tonwellen über einen herein brach. Die Begeisterung in der Laurentius-Kirche wuchs und wurde immer größer mit Verdis Sklavenchor, Brahms‘ Ungarischem Tanz Nr.5 und – wieder synchron dargeboten - der Ouvertüre zu Flotows Oper „Martha“. „Das ist unser Lieblingsstück“, meinte Peter Biermann, ehemals ein Schleswiger, und schaute lächelnd und glücklich zu Jeanette hinüber, seiner Ehefrau seit 20 Jahren.

Drehorgelspiel ist beider Hobby – ebenfalls seit 20 Jahren. Auf einer Karibik-Reise waren sie einer begeisterten Drehorgelspielerin begegnet, sie hatte im hohen Maße ansteckend gewirkt. Heute sind die „Biermänner“ im Besitz von elf Drehorgeln – eine wertvoller als die andere.
In der Pause drängten sich die Zuhörer um die Drehorgeln und fragten sich schlau: Papierwalzen mit gestanzten Löchern – sie werden per Kurbel voran gedreht, zupfen dabei einzelne Töne in der Klaviatur an, und das wird auf Blasebalg und Pfeifen übertragen. Jeanette Biermann: „Hier entsteht Musik aus Löchern und Luft.“ Und nach der Pause? Nicht nur „Memories“ aus dem Musical „Cats sondern auch „Spanish Eyes“. Jeanette entzückte mit einer alten Bauchorgel aus der Schweiz und spielte sich fröhlich durch den Mittelgang. Viel Beifall erhielt auch die Walzenorgel von 1890, mit der Berliner Hinterhof-Idylle auflebte; acht Altberliner Weisen hat sie drauf – und viele sangen und klatschten mit.

 

Güde Horn
Letzte Aktualisierung: 09.08.2017

Quellenangabe und Copyright:
09.08.2017 | smz | shz.de