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Drängelnde Segler und wartende Kunden an der Schleifähre Missunde: Fährmann Rüdiger Jöns droht für die kommende Saison eingeschränkte Fahrzeiten an.

Dass Rüdiger Jöns immer noch gut zu tun hat, liegt vor allem am schönen Wetter und der Baustelle auf der Bundesstraße 76 bei Fahrdorf, die den direkten Weg aus Schwansen nach Schleswig versperrt. So richtig zufrieden ist der Pächter der Schleifähre Missunde dennoch nicht – immer häufiger muss er sich mit ungeduldigen Seglern und Strafanzeigen herumschlagen. „Wenn sich da nichts ändert, muss ich die Notbremse ziehen, dann könnte es passieren, dass ich im nächsten Jahr auch in der Saison nur noch zwischen 10 und 18 Uhr fahre.“ Er weiß, dass diese Maßnahme ein herber Schlag für den Fährverkehr zwischen Angeln und Schwansen wäre – schließlich transportiert die Fähre rund 100.000 Fahrzeuge pro Jahr und ist zudem noch eine echte Touristenattraktion.

Aber Rüdiger Jöns steckt in einem echten Dilemma: Die Segelschiffe auf der Schlei haben grundsätzlich Vorfahrt vor seiner Seilfähre. Das heißt: Auch wenn das Deck mit Autos, Fußgängern und Radfahrern prall gefüllt ist und sich an beiden Ufern lange Warteschlangen bilden, muss er abwarten, bis er keinen Segler mehr gefährden kann. Und dass ist schnell passiert. Kollisionen sind zwar kaum zu erwarten, aber es kommt immer wieder vor, dass ein Segelschiff die unsichtbare Stahltrosse streift, an der entlang die Fähre zwischen den Ufern pendelt. Und dann ist Rüdiger Jöns schuld und muss gegebenenfalls für den Schaden aufkommen.

„Die Wasserschutzpolizei hat mir den Rat gegeben, erst dann loszufahren, wenn links und rechts kein Schiff zu sehen ist“, berichtet der 49-Jährige. „Aber das ist in der Saison unmöglich – dann warten die Fahrgäste bestimmt länger als eine halbe Stunde und kommen nie wieder.“ Als er vor 20 Jahren, ebenso wie zuvor sein Vater und sein Großvater, das Ruder der Fähre übernahm, gab es solche Probleme noch nicht. „Da war weniger Verkehr auf der Straße und auf dem Wasser. Man verständigte sich – und gut.“ Das ist zwar meist immer noch der Fall, Inzwischen aber herrscht auf der Wasserstraße vor allem in der Saison reges Treiben. „Und der Fährmann hat beobachtet, dass immer mehr Segler auf ihr Recht zur Vorfahrt pochen. Und das auch zunehmend rücksichtslos, wie er anmerkt – nicht ohne zu betonen, dass es sich dabei immer noch um eine kleine Minderheit handelt.

„Aber wenn einer um die Ecke kommt, kann ich nicht erkennen, ob er Rücksicht auf mich nimmt. Und wenn dann etwas passiert, bin ich möglicherweise haftbar. Entweder ich riskiere es oder ich mute den Fahrgästen lange Wartezeiten auf.“ Nach mehreren unerfreulichen Vorkommnissen tendiert Rüdiger Jöns immer mehr zu der vorsichtigen Variante. Aber die hat für ihn auch finanzielle Auswirkungen. Er lebt von dem, was die Gäste für die Überfahrt bezahlen: Fußgänger 60 Cent, Radfahrer 1,20 Euro, Autofahrer zwischen 2,40 und 2,60 Euro. Davon bezahlt Jöns auch noch zwei Angestellte und überweist dem Land die Pacht für die Fähre. Nicht nur deshalb wünscht er sich eine Regelung wie vor mehr als 20 Jahren, als die Fähre Vorfahrt hatte. „Es dauert doch nur ein paar Sekunden, bis ich vorbei bin. Und die meisten Segler haben doch Urlaub“, sagt der Fährmann. Und wenn es schon nicht möglich ist, die Gesetze zu ändern, dürften die Segler zumindest ein wenig mehr Rücksicht an den Tag legen.

Jöns will seine Kunden nicht verprellen und nicht ständig in Gefahr geraten, rechtlich belangt zu werden. Wie er aus diesem Dilemma herauskommt, will er im Winter überlegen und mit den zuständigen Stellen besprechen. Und dabei hat er immer die drastische Reduzierung der Fahrzeiten im Hinterkopf, die er auch vermeiden will.

Wolfgang Dreesen
Letzte Aktualisierung: 18.09.2014

Quellenangabe und Copyright:
19.09.2014| Gero Trittmaack| Schleswiger Nachrichten