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Mit der Realisierung ihres Lebenstraumes - einem "Probewohnen" im südamerikanischen Paraguay - wagt die vierköpfige Familie Jochimsen aus dem kleinen Missunde an der Schlei einen Neuanfang auf einem anderen Kontinent. Morgen startet der Flieger am Hamburger Flughafen.

"Adios amigos"-"Lebt wohl, Freunde" - dieser spaßeshalber eingeworfene Satz von Kurz Ehlers, Nachbar der ausreisenden Familie Jochimsen, brachte es auf den Punkt. Denn wenige Tage vor dem Abflug morgen Abend hatten Jörg und Regina Jochimsen noch einmal zu einem Abschiedsfest eingeladen. Zu einem Abschied, der nicht von allen ungeteilt fröhlich gefeiert werden konnte.

Denn zu abenteuerlich erscheint das Wagnis, auf einer sonnigeren Seite der Weltkugel Glück und Zufriedenheit zu suchen. Die Meinungen in Missunde stehen 50:50, mit einem leichten Vorteil für die Kritiker, gesteht Jörg Jochimsen. So sehen die Großeltern Schütte vor allem dem vorübergehenden Verlust der beiden Enkelkinder, die sie oft betreut haben, mit Sorge entgegen. Die hohe Kriminalität in Paraguay verbunden mit einer großen Arbeitslosigkeit und einem Bildungsangebot weit unter dem deutschen Niveau habe beide zunächst veranlasst, zu versuchen den jungen Leuten die Idee auszureden. Seit einem halben Jahr aber sind sie dazu übergegangen zu sagen: Man muss sie ziehen lassen!" Großeltern Schütte: "Wir wünschen ihnen alles Glück dieser Welt, denn es ist wirklich nicht leicht, was sie machen." Ganz positiv sehen es hingegen Ursula und Willi Simonsen. Als Mutter von Jörg Jochimsen gesteht Ursula Simonsen: "Paraguay ist zwar weit weg, aber die beiden sind jung, sehr fleißig und können sich etwas neues aufbauen. Außerdem sind beide ,Sonnenmenschen und machen seit zehn Jahren immer wieder Urlaub in der Karibik. Ich finde das sehr mutig."

Willi Simonsen sieht das ähnlich: "Die beiden sind gut vorbereitet, haben Sprachkurse gemacht." An die Enkelkinder denkend, die sie natürlich vermissen werden, halten beide es für gut, dass Joso und Janne Bo auch einmal das einfachere Leben kennen lernen werden.

Der Vater von Jörg, Heiner Jochimsen, hat seit einer Woche die Fahne vor seinem Haus auf halbmast geflaggt. Er sieht mit Trauer, dass nun vielleicht die fünfte Generation Jochimsen nicht mehr auf dem Familiensitz inmitten des Dorfes aufwäschst. "Gut 100 Jahre wohnt die Familie Jochsimsen nun schon in Missunde", sagte er. Allerdings verglich er die Verwirklichung des Lebenstraums mit dem Start seiner Vorfahren in Missunde. "Heute beweist ihr den Mut - es schließt sich der Kreis."

Dabei haben es sich der 39-jährige Jörg Jochimsen und seine 37-jährige Ehefrau Regina nicht leicht gemacht. Beide wissen, eine gute Vorbereitung ist alles. Und so wurden nach der Überlegung, einen Neustart fern Deutschlands zu wagen, mögliche Länder ausgewählt, die zum Auswandern geeignet erschienen. In die nähere Auswahl kamen neben Paraguay auch Uruguay und Costa Rica. Dass letztendlich die Wahl auf das südamerikanische Binnenland Paraguay fiel, hat zum großen Teil auch mit den Einreisemodalitäten zu tun. "Die Einwanderungsbedingungen sind dort sehr easy", erklärt Jörg Jochimsen. Zudem seien die Lebenshaltungskosten sehr gering. Bereits jetzt sind Regina und Jörg "drüben" gewesen, um die Frage nach Wohnsitz und Schulstandort zu klären. In den letzten Wochen haben sie einen Spanisch-Crash-Kurs absolviert und sind optimistisch, dass das Wagnis gelingen wird. Zudem sind beide sehr zuversichtlich, dass Regina mit ihrer Ausbildung zur Krankenschwester und Tätigkeit als Masseurin sowie Jörg als Dienstleister für Haus und Hof genügend Potential mitbringen, um in Paraguay Fuß zu fassen. Jörg Jochimsen: "Wenn man A sagt, muss man auch B sagen. Und nun ist eben B angesagt."

Missundes Bürgermeister Heinz Zimmermann-Stock bedankte sich noch einmal für den Einsatz von Jörg Jochimsen als Gemeindevertreter. Heinz Zimmermann-Stock: "Ich habe einst gesagt, unser Dorf solle größer werden. Nun haben wir mit der Familie Jochimsen sogar eine Dependance und Botschafter in Paraguay. Die Zukunft liegt aber in Kosel."

Eine klitzekleine Hintertür halten sie Regina und Jörg Jochimsen daher auch im dörflichen Missunde offen. Sie behalten ihr Refugium inmitten des Dorfes als ersten Wohnsitz. Falls wider Erwarten etwas nun gar nicht ihren Vorstellungen entsprechen sollte, haben sie die Option zurückzukehren.

 

 

Wolfgang Dreesen
Letzte Aktualisierung: 28.10.2009

Quellenangabe und Copyright:
28.10.2009| Susanne Panozzo| Eckernförder Zeitung, shz.de