Gemeinde Kosel

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Der Bohnerter Bernd Jacobsen recherchiert über eine nach dem Zweiten Weltkrieg nach Bohnert geflüchteten Frau. Sie führte Tagebuch über die Kriegsjahre und die Flucht.

Ein Teil der Tagebücher ist noch verschollen. 2014 jährt sich zum 75. Mal der Beginn des Zweiten Weltkriegs. Ein Augenzeugenbericht aus jenen Jahren, der lange in Vergessenheit geraten war, ist vor Jahrzehnten in Lundshof bei Bohnert niedergeschrieben worden. Im Jahre 1957 entstand dort die Reinschrift von Tagebucheinträgen der Olga Olschewki. Die Verfasserin war als Flüchtling am Ende des Krieges mit ihrer Tochter Zosenka nach Lundshof gelangt, sie verstarb 1978 ohne Angehörige 93-jährig in Eckernförde. Dies hatte Bernd Jacobsen, Dorfchronist und historisch interessierter Bürger aus Bohnert, ermitteln können. Auf die Tagebuchschreiberin wurde Jacobsen durch den Historiker Roland Scheerer aufmerksam, der sich im August bei ihm mit einem Brief meldete. Dieser hatte Jacobsen wohl im Internet als historsch interessierten Bürger in der Region gefunden und gehofft, dass er weiterhelfen könne. Und ich konnte helfen , berichtete Jacobsen. Die menschlich bewegende Niederschrift der Olga Olschewski schildert mit großer Detailfülle das Leben in einer Welt, die es so nicht mehr gibt, so Jacobsen: Wolhynien, das heute zur Ukraine gehört, war bis zum Zweiten Weltkrieg Schmelztiegel von ukrainischer und polnischer, jüdischer und deutscher Kultur. Die Autorin lieferte umfangreiche, spannende und sehr persönliche Eindrücke aus dieser so fernen Welt, die 1940 am Rande des Untergangs stand. Olschewski erlebt die Sowjetisierung als Köchin in einem Waisenhaus. Die meisten der Kinder dort sind Juden. Hitler lehnte Olschewsi seit dem Angriff auf Polen als Tyrannen ab. Veröffentlicht wurden Olschewskis Texte nie. Aber die Texte, zumindest ein Teil von ihnen, sind aufgetaucht, wie Bernd Jacobsen, berichtete. Danach seien die Aufzeichnungen derzeit Gegenstand eines Dissertationsprojektes an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität. Der bayerische Historiker Roland Scheerer hatte in Ostpolen Zeitzeugen befragt und ukrainisch- und polnisch sprachige Parallelquellen aufgetan, die ein Bild aus jener verlorenen Welt ergeben, in der Olga Olschewski einst zu Hause war. Nur eines bleibt ungeklärt, so Jacobsen - mindestens die Hälfte von Olschewskis Memoiren sind verschollen. Die vorhandenen Aufzeichnungen brechen im Frühsommer 1941 ab. Während zwei Bände vor kurzem in einem Eckernförder Versandtantiquariat aufgetaucht sind, verliert sich die Spur der restlichen im Jahre 2003 auf dem Eckernförder Wertstoffhof. Vielleicht wurden sie in der dortigen Tauschbörse von einem unbekannten Käufer erworben - oder sie haben auf anderem Wege den Besitzer gewechselt, mutmaßte Jacobsen. Er hat sich weiter auf Spurensuche begeben, hat Zeitzeugen vor Ort befragt, die zwar alle das Bild einer bescheidenen, zurückhaltenden, klugen und naturliebenden Frau zeichnen konnten - die aber von den Memoiren oder gar von deren Verbleib nichts wissen. Dabei, so sagt einer der damaligen Mitbewohner der kleinen Kate in Lundshof - habe Olga Olschewski ihnen damals gelegentlich daraus vorgelesen. Und so sucht Jacobsen nun nach zwei oder mehr kartonierten Schreibheften aus den 50er Jahren. Vermutlich sind sie schwarz und tragen die Aufschrift Der zweite Weltkrieg und die Nachkriegsjahre , so Jacobsen. Sie könnten sich noch bei einem unbekannten Besitzer im Raum Eckernförde befinden. Ich möchte mit der Suche die Erinnerung an eine außergewöhnliche Persönlichkeit aus Lundshof wachhalten und ihr literarisches Vermächtnis der historischen Forschung zugänglich machen , beschreibt Jacobsen seine Motivation. Wer Angaben zum Verbleib der Olschewski-Memoiren geben kann, wendet sich unter Tel. 04355/97 84 oder per Mail an jacobsen.bohnert@t-online.de an Jacobsen.

Wolfgang Dreesen
Letzte Aktualisierung: 24.11.2013

Quellenangabe und Copyright:
12.09.2013 | Dirk Steinmetz | Eckernförder Zeitung, shz.de