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Seit Jahren steigen die Einbruchszahlen – auch in Schleswig-Holstein. In den meisten Fällen gelangen die Täter über das Aufhebeln der Fenster oder Türen in die Häuser. Mit einfachen Mitteln kann man sich schützen.

Kay Katzenmeier braucht nicht einmal zehn Sekunden – und schon ist das Fenster aufgehebelt. Der 50-Jährige hätte jetzt alle Möglichkeiten, das Haus auszuräumen. Aber Katzenmeier gehört zu den Menschen, die Einbrüche verhindern wollen. Er ist Kriminalhauptkommissar und arbeitet bei der Präventionsstelle der Landespolizei in Kiel. Dort hat er auch das Fenster, das als Anschauungsmaterial dient, in wenigen Sekunden nur mit Hilfe eines ganz normalen Schraubenziehers aufgebrochen. Es ist ein Fenster, wie es in 80 Prozent der deutschen Wohnungen und Häuser eingebaut ist.

Seit Jahren werden steigende Einbruchszahlen verzeichnet. 2012 waren es allein in Privathaushalten 7654 Taten in Schleswig-Holstein, bundesweit mehr als 144.000. Für das vergangene Jahr liegen noch keine endgültigen Zahlen vor, „aber sie sind weiter in einem hohen Bereich“, berichtet der Kriminalhauptkommissar.

In Film und Fernsehen tauchen Einbrecher meist mit Maske und Kuhfuß auf. Die Realität sieht anders aus. Die Täter seien normal gekleidet, manchmal aber auch als Handwerker angezogen, berichtet Katzenmeier. „Meist haben sie nur einen Schraubenzieher dabei.“ Eben einen solchen, wie auch der Experte ihn bei seinen Erklärungen in den Händen hält. Der Schraubenzieher hat eine enorme Wirkung. Bei einer Länge von etwa 30 Zentimetern kann er eine Hebelwirkung von 500 Kilogramm erzeugen. Ein Knack – und die Terrassentür oder das Fenster sind offen.

Die Aufklärungsquote bei Einbrüchen lag 2012 im Land nur bei 11,3 Prozent. Die Chance ist folglich gering, sein Hab und Gut wieder zurückzubekommen. Umso wichtiger ist die Prävention. Die Praxis zeigt: Wenn ein Einbrecher nicht innerhalb von fünf Minuten zum Erfolg kommt, zieht er wieder ab. „Merkt er in diesen fünf Minuten, dass er keinen Erfolg hat,“ sagt Katzenmeier, „dann kommt ihm das vor wie eine halbe Stunde Schwerstarbeit. Ich muss die Zeit überbrücken und ihm das Leben so schwer wie möglich machen. Dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass er wieder verschwindet.“

Gerade in den dunklen Monaten herrscht bei den Einbrechern Hochkonjunktur. Entgegen der landläufigen Meinung finden mehr als zwei Drittel aller Taten zwischen 6 und 21 Uhr statt. Die Kernzeit liegt zwischen 16 und 20 Uhr. In dieser Zeit ist es besonders leicht, die An- oder Abwesenheit von Bewohnern festzustellen. Die Anzahl der Versuche, bei denen die Täter an der Technik scheitern, liegt bei etwa einem Drittel. Katzenmeier ist überzeugt: „Man kann die meisten der Taten verhindern, wenn die Menschen unsere Hinweise befolgen.“

Annähernd drei Viertel der Taten geschehen über Aufhebeln der Fenster oder Türen. Angriffe auf das Glas und andere Öffnungstechniken passieren weniger. Der Experte empfiehlt daher bei Neu- oder Umbauten einbruchhemmende Türen und Fenster mindestens der Widerstandsklasse RC2 zu verbauen. Ein Schraubenzieher hätte in diesem Fall keine Chance. Begeistert ist der Polizist von einer Vorschrift bei Neubauten in Holland, wo seit 2001 die Qualitätsmerkmale der Fenster gesetzlich vorgeschrieben sind. „Und zwar genau in der Art und Weise, wie wir sie empfehlen.“ Seitdem seien die Einbruchsdaten um bis zu 80 Prozent zurückgegangen.

Besonders wichtig ist Katzenmeier der Hinweis auf die sogenannte Pilzkopfverriegelung, die das Aufhebeln des Fensters in einer bestimmten Zeit mit Hilfe eines Schraubenziehers fast unmöglich macht. Die Kosten dafür halten sich in Grenzen. Beim Neubau fangen die Mehrkosten für die Pilzkopfverriegelung anstatt der üblichen Rollzapfenverriegelung bei einem Standardfenster bei circa 40 Euro an. Katzenmeier: „Beim Neubau liegen die Kosten damit verglichen im Promillebereich, vor allem wenn man bedenkt, dass für einen Wasserhahn gerne mal 300 Euro ausgegeben werden.“

Und dann wird der Mann, der zwischen seinen Erläuterungen gerne und viel lacht, ernst: „Hier geht es um die Sicherheit.“ Bei allen anderen gefährdeten Fenster- oder Türelementen könnten einbruchhemmende Nachrüstelemente wie Stangen- oder Querriegel, Fensterzusatzschlösser, Bändersicherungen und ähnliche Sicherungen den so genannten Widerstandszeitwert erheblich erhöhen. Ein abschließbarer Fenstergriff allein helfe hingegen nicht gegen das Aufhebeln des Fensters. Der Hauptkommissar greift wieder zum Schraubenzieher. Diesmal versucht er sich an einem Fenster der Kategorie RC2. Er scheitert mit seinem Einbruchversuch.

Technisch mechanischer Schutz ist elementar, aber auch das eigene Verhalten kann dazu beitragen, Einbrechern das Leben möglichst schwer zu machen. „Jeder ist betroffen“, sagt Katzenmeier. „Zu sagen, bei mir ist eh nichts zu holen, ist großer Unfug.“ Vielen Tätern komme es auf Kleinigkeiten an. Möglichst schnell rein ins Haus, möglichst schnell wieder raus. Meist dauert der Vorgang nicht länger als zehn Minuten. 

„Suggerieren Sie Anwesenheit“, rät Katzenmeier. Die Täter würden meist normal durch die Siedlung ziehen und sich potenzielle Ziele aussuchen. Das Licht im Haus brennen zu lassen, sei hilfreich – allerdings nicht ausreichend. Die Einbrecher führen oft eine Klingelprobe durch. Dadurch erfahren Sie, ob wirklich jemand zu Hause ist. Der Experte rät: „Schalten Sie die Klingel aus, wenn Sie das Haus verlassen. Hört der Täter selbst die Klingel nicht, ist er sich nicht sicher, ob nicht doch jemand im Haus ist.“ Eine Grundbeleuchtung am Haus und Alarmbeleuchtung über Bewegungsmelder geschaltet seien ein gutes zusätzliches Element, aber auch nicht mehr.

Kay Katzenmeier brennt für seinen Job. Man merkt es ihm mit jedem Wort an, das er spricht. Jeder einzelne Einbruch, der im Vorfeld verhindert werden kann, ist ein Erfolg für ihn. „Ich muss aus meinem Haus kein Fort Knox machen“, sagt er und lacht. Aber einige Hinweise gibt es dann doch zu beachten.

Güde Horn
Letzte Aktualisierung: 14.01.2014

Quellenangabe und Copyright:
14.01.2014| Stefan Beuke| Eckernförder Zeitung, shz.de