Heimatabend ist der Straßenfeger
Von Christel Fries - Aktualisiert am 10.11.2015
Ein buntes und vielfältiges Programm lockt zahleiche Bürger in den Koseler Hof. Der Dorfchronist Heinz Bannick stellt wertvolles Schriftstück eines Kaufvertrages vor, der Kosel vor der Leibeigenschaft bewahrte.
Heimatabend – das heißt Einkehr bis auf den letzten Platz in die kommodige Stuuv der Wirtsleute Frank Spack und Viola Wismer im Koseler Hof. Die CDU-Ortsverbandsvorsitzende Ulrike Rammer eröffnete den Abend und freute sich über die gute Resonanz: „Wenn in Kosel die Straßen leergefegt sind, ist Heimatabend.“ Ein interessantes Programm erwartete die Besucher, durch die in gewohnt charmanter Weise der Erfinder des Heimatabends und Organisator Heinz Zimmermann-Stock moderierte: „Ein ganz großes Dankeschön vorweg an alle Mitstreiter, die diesen Abend möglich gemacht haben.“
Wer weiß schon, was am Wegesrand alles lauern kann? Gerhard Wolff, vor zehn Jahren zugezogen, entführte die Gäste auf einen anderen Stern. Am Wegesrand lauerte ein Gebilde, das aussah wie ein „quietsch gelber Bonscher“ (Bonbon). Entdeckt bei der historischen Wanderung an der Königsburg in Bohnert. Wolff, leidenschaftlicher Fotograf, hielt es im Foto fest und recherchierte. Der „Bonscher“ entpuppte sich als intelligenter Schleimpilz, der seine Nahrungsaufnahme im verrotteten Holz auf dem kürzesten Weg erreicht. Der hirnlose, bewegliche Einzeller, eine soziale Amöbe, kann riesig groß werden. Lebt die Gemeinde nun auf einem anderen Stern, stellten sich einige Bürger scherzhaft die Frage und bewunderten diesen einzigartigen Pilz. In einer eindrucksvollen Fotodokumentation erinnerte Brigitte Papenhagen an ihren Vater, Günter Kuchenbecker, der maßgeblich zur Neugestaltung des Missunder Denkmals 1864 beigetragen hatte und las aus seinen Aufzeichnungen vor. Darunter das Jahr 1961, als die Missunder Fähre kenterte und sich der Fährmann „Otto“ aus lauter Verzweiflung das Leben nahm.
Bekannt für seine Vorträge ist Bernd Jacobsen, er zeigte den Werdegang der alten Schmiede durch die Jahrzehnte auf und erinnerte an die neue Wegführung der Zuckerrübenstraße 1953/1954. Er sei ein Schüler gewesen, als im Februar 1954 18 Lastkraftwagen durch das Dorf fuhren – ein damaliges Erlebnis für die Jungen im Dorf. Irmgard Goos, bekannt als Platt-Vertellerin, sorgte mit einer plattdeutschen Geschichte „Över dat Kortenspeel in de Wintertiet“ für viel Heiterkeit. Mit dem Argument: „Ach Lüüd, dat Leven is doch jümmeers een Speelwark“ erntete sie viel Applaus. Wenn ein Dorf einen Chronisten wie Heinz Bannick hat, bleibt nichts verborgen. Er wühlt in alten Unterlagen und fördert so manchen Schatz ans Licht. Bannick stellte den Besuchern ein 550 Jahre altes Dokument, „der Kaufvertrag von Kosel und Weseby“, vor. Dieser Kaufvertrag habe Kosel vor der Leibeigenschaft gerettet, berichtete Bannick. Auch früher habe es schon Unrecht gegeben, diese seien in der so genannten Brücheliste festgehalten worden. Der Name des Beschuldigten und die verhängte Strafe, zum Beispiel „Pilgern nach Tönning zum Deichbau“ wurden peinlich genau festgehalten.
Die Lacher auf ihrer Seite hatten Lisa und Christian Mau. Sie zeigten eine Aufnahme vom NDR über ihren Ur-Ur-Großvater Mau. Dieser konnte den dänischen Hardesvoigt nicht leiden, durfte doch zu der damaligen Zeit (vor 150 Jahren) das Wort Schleswig-Holstein nicht genannt werden. Mau überlistete den Hardesvoigt, in dem er ihm ein Geldstück aushändigte. Als der Voigt fragte, was das für ein Geldstück sei, antwortete Mau: „Ich kann es nicht lesen, meine Augen machen nicht mit.“ Darauf las der Voigt laut vor: „Zweieinhalb Schleswig-Holsteinische Kurant!“ So hatte er selbst unfreiwillig die verbotenen Wörter ausgesprochen. Den Schalk seines ur-Ur-Großvaters hat Christian Mau geerbt, so hat er bis zu 30-mal eine Wette abgeschlossen, dass eine im Wald geschlagene Tanne im Sommer wieder grün sein kann. Sie kann – wenn sie als Stütze für die Sommerwicken dient, verriet er sein Geheimnis. Mit Schatzsucher Christian Hüttner ging es für die Besucher dann auf Tauchstation in die Schlei: „Oben sieht die Schlei aus wie eine wahre Schönheit, doch unter der Wasserfläche ist sie ein Biest“. Hüttner zeigte beeindruckende Bilder auf seinen Expeditionen unter Wasser.
Mit Gesang sorgten die Koseler für Auflockerung zwischen den einzelnen Vorträgen. Viel Applaus gab es für den abschließenden Sketch „Die Beichte“ mit Elke Mentzel, Heinz Zimmermann-Stock und dem Rezitator Thomas Suhr. Aus den Reihen der Besucher gab es immer wieder lobende Worte zu hören: „ Das macht unser Kosel aus, das sind wir, was für ein schöner Abend.“ Stimmungsvoll endete der Heimatabend mit dem gemeinsamen Singen des Schleswig-Holstein Liedes.
Letzte Aktualisierung: 10.11.2015
Quellenangabe und Copyright:
10.11.2015| Christel Fries| Eckernförder Zeitung, shz.de
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